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Frauen zweifeln an der KI. Ich an den Ergebnissen der Harvard-Studie.
Ein Plädoyer für weibliche Perspektiven in einem neuen Zeitalter.

Vor einigen Monaten wurde eine vielbeachtete Studie veröffentlicht, die untersucht, wie Frauen und Männer weltweit generative KI nutzen: Global Evidence on Gender Gaps and Generative AI — durchgeführt von der Harvard Business School, Berkeley und Stanford.
Die zentralen Ergebnisse aus der Analyse von 18 Studien mit mehr als 140.000 Personen weltweit: Frauen nutzen generative KI-Tools etwa 22–25 % seltener als Männer — in nahezu allen Regionen, Branchen und Berufen. Webtraffic-Analysen und App-Downloads bestätigen dieses Bild.
Die Studie nennt mehrere mögliche Ursachen:
Frauen schätzen ihre Kenntnisse über generative KI oft geringer ein, was die Nutzung hemmt.
Frauen äußern häufiger Bedenken hinsichtlich Datenschutz und möglicher Risiken, was dazu beiträgt, dass sie sich seltener auf die Nutzung generativer KI einlassen.
Frauen empfinden die Nutzung von KI häufiger als unethisch oder als "Cheating".
Die Forscher:innen der Studie warnten vor weitreichenden Folgen: Frauen könnten bei der Entwicklung und Anwendung von KI künftig weniger Einfluss haben und somit die KI-Systeme weibliche Perspektiven weniger berücksichtigen. Außerdem könnten Frauen wichtige Zukunftskompetenzen verpassen — mit negativen Auswirkungen auf Karrierechancen und wirtschaftliche Gleichstellung.

Männer schätzen ein. Frauen fürchten. Wirklich?
Der Name Harvard steht für Wissen, das man nicht einfach so anzweifelt. Also habe ich mich gefragt, ob es in Europa ähnliche Studien gibt. Perplexity nannte mir die aktuelle IKM-Studie (Deutschland, Schweiz) und fasste die Ergebnisse für mich mit folgenden Worten zusammen:
Männer schätzen ihre Kompetenz im Umgang mit generativer KI deutlich höher ein.
Frauen zweifeln häufiger an der Zuverlässigkeit und fürchten den Missbrauch persönlicher Daten stärker.
Woran ich zweifle?
An der Neutralität dieser Darstellung, denn es ist mir schön öfters aufgefallen, dass insbesondere Perplexity eher eine männliche Sichtweise unterstützt.
“Männer schätzen ihre Fähigkeiten höher ein.”
» Das bedeutet allerdings nicht, dass sie auch tatsächlich kompetenter SIND!
"Frauen zweifeln und fürchten Risiken."
» Interessant sind für mich die Unterschiede in der Wortwahl. Perplexity hätte ja auch schreiben können: “Frauen schätzen Risiken bewusster ein.” – eine Formulierung, die deutlich souveräner klingt.
Ich frage mich: Was wurde wohl in Perplexity hineinprogrammiert, so dass Frauen ängstlicher und weniger selbstbewusst erscheinen? Was, wenn ihre Befürchtungen in Bezug auf die KI nicht ängstlich, sondern absolut realistisch, klug und vorausschauend sind?
Auch dieses Szenario schießt mir durch den Kopf: Könnte es nicht sein, dass Frauen
a) (immer noch) zu sehr damit beschäftigt sind, sich mit den Auswirkungen des Patriarchats herumzuschlagen und
b) die KI zwar für sich sinnvoll nutzen, aber insgesamt einfach weniger Lust haben, auf jeden technologischen Hype aufzuspringen?
Und dann ist da noch die Kenia-Studie, die Teil der Harvard-Studie ist.
Dabei wurde untersucht, dass Frauen trotz gleichberechtigter Zugänge zu ChatGPT rund 13 % seltener darauf zurückgriffen als Männer. Klar könnte man sagen: Diese “Nutzungslücke” bringt Frauen ins Hintertreffen. Ich könnte mir hingegen gut vorstellen, dass kenianische Frauen einfach die Schnauze voll haben von Chat GPT, weil sie
a) als billige Klickarbeiterinnen, also KI-Trainerinnen, ausgebeutet werden und/oder
b) einfach mehr Interesse am – mindestens ebenso wichtigen – Community-Building haben, als sich vor einen Computer zu setzen.
Zurück nach Europa:
Ich selbst habe in meinem Umfeld lauter furchtlose Frauen. Ausnahmslos. Ohne, dass ich es begründen könnte.
Frauen, die gar keine Zeit für Zweifel und Ängste haben, weil sie unzählige Rollen gleichzeitig ausfüllen. Sie sind mutig, selbstbewusst und talentiert. Sie meistern Herausforderungen je nach Anforderung strategisch, empathisch oder intuitiv. Sie haben Visionen, die sie manchmal (meist wegen Kindern & Partnern) verschieben, aber niemals aus dem Blick verlieren.
Ich finde, je älter wir Frauen werden, desto mehr haben wir drauf – weil Erfahrungen dazukommen und Unsicherheiten wegfallen. Und einige Frauen haben, so wie ich, gerade die größte Freude daran, die unendlichen Möglichkeiten der KI auszutesten. Von Angst und Zweifel keine Spur!
Es war wohl meiner aufkeimenden Kali-Energie geschuldet, die mich weiter befeuerte, mit der KI noch tiefer in das Thema AI Gender Gap zu tauchen.
Meine Frage an Chat GPT: “Könnte es nicht sein, dass Frauen und Männer ähnliche Fähigkeiten besitzen — sie diese nur unterschiedlich wahrnehmen und darstellen?”
ChatGPT antwortete: "Die Studie misst keine Fähigkeiten, sondern Selbsteinschätzungen. Diese sind geprägt von Sozialisierung, nicht von Kompetenz. Männer sagen: 'Ich kann das.' Frauen sagen: 'Ich will es verstehen.' Und plötzlich gilt der eine als KI-affin, die andere als verunsichert."
Volltreffer. So sehe ich das auch, Chatty Peter!
Auch bei Perplexity ließ ich nicht locker, bis sich das KI-Tool zu einer neuen Sichtweise hinreißen ließ:
Frauen nutzen KI-basierte Dienste wie Sprachassistenten oder Suchmaschinen oft unbewusst, ohne dies explizit als "KI-Nutzung" zu deklarieren.
Männer neigen dazu, ihre Technikaffinität offensiver hervorzuheben oder gar zu übertreiben, während Frauen keinen besonderen Grund darin sehen, mit ihren Fähigkeiten zu prahlen.
Es mag stimmen, dass die Männer in vielen Haushalten die KI-Tools installieren – doch genutzt werden sie auch von den Frauen.
Aha, da haben wir's!
Gar nicht so abwegig also, dass die Harvard-Studie – je nach Interpretation – verzerrte Ergebnisse liefert. Ich beschloss, den Dingen auf den Grund zu gehen – und beschaffte mir Zugang zum Working Paper der besagten Harvard-Studie.
Wie? Indem mir die KI mit nur einem Prompt den Download-Link geliefert hat!
Bleibt die Frage:
Kann ich das so gut, OBWOHL ich eine Frau bin? Oder WEIL ich eine Frau bin?
Weil ich schon zu Beginn eines neuen Zeitalters ganz sicher keine Lust darauf habe, mich in die zweite Reihe zu setzen und über “verpasste Chancen” zu klagen, behaupte ich ganz frech, dass ich mit meinen weiblichen Kommunikationstalenten manchmal vielleicht sogar schneller zu einer Lösung komme als ein Mann.
Interessant wurde es jedenfalls am Ende des 30-seitigen PDFs. Unter "Mechanisms that have NO gender differences" heißt es:
User Competence: Frauen und Männer schätzen ihre Kompetenzen in Bezug auf die Nutzung von KI-Tools ähnlich ein.
Effectiveness of Generative AI: Beide Gruppen vertrauen gleichermaßen darauf, dass sie mit KI-Tools ihre Ziele erreichen können.
Also vielleicht doch kein echter AI Gender Gap in Sachen Kompetenz und Vertrauen?
Ich ließ mir den Widerspruch von Perplexity genauer erklären: Die Harvard-Studie konzentriere sich hauptsächlich auf die Quantifizierung des Gender Gaps und weniger auf die Frage, warum Frauen möglicherweise andere Prioritäten oder Bewertungsmaßstäbe setzen.
So so.
Die Quintessenz für mich: Wenn wir Studienergebnisse, die in Medien publiziert und auf Social-Media-Plattformen geteilt und kommentiert werden, nicht hinterfragen, laufen wir Gefahr, alte Narrative zu zementieren, statt souverän neue Perspektiven zu öffnen.
Warum wird männliche Selbsteinschätzung als Potenzial gelesen — und weibliche als Mangel?
Warum gelten Zweifel bei Frauen als Schwäche — und nicht als Ausdruck kritischen Denkens?
Was außerdem in den Studien unberücksichtigt bleibt: Während Männern oftmals das eigene Ego in die Quere kommt (no offence ;), haben Frauen eher das Gemeinwohl im Blick. Sie sind reflektierter, sicherheitsbewusster und sehen das große Ganze. Auch wenn das in der Gesellschaft noch nicht zur Gänze angekommen ist: Das ist kein Defizit — sondern einfach ein anderes, nachhaltigeres Bewertungsmodell.
Wenn Studien also sagen, Frauen würden die KI seltener nutzen, dann hat das aus meiner Sicht nicht zwangsläufig etwas mit fehlendem Mut zu tun, sondern mit berechtigten Einwänden und anderen Prioritäten.
Vielleicht ist genau das, was es beim Umgang mit der KI jetzt braucht: Mehr Menschen, die nicht blind behaupten "Ich bin Experte" (aus gutem Grund nicht gegendert), sondern fragen:
Wie kann ich damit einen Betrag für die Gemeinschaft leisten? Und was nützt es der Welt?
Ich sehe es als unsere Verpflichtung als "Instanz Mensch", die Antworten & Ergebnisse der KI nicht nur zu konsumieren, sondern diese kritisch zu hinterfragen — und unsere weibliche, bisher zu wenig gehörte Perspektive mit voller Wucht hinauszutragen.
Und weil die KI geduldig und verständnisvoll ist, bin ich mir sicher, sie hält das aus – und ist bereit, von uns Frauen zu lernen, sofern wir hartnäckig und konsequent bleiben.
Meine intensiven Dialoge mit der KI haben mich übrigens auf eine weitere Idee gebracht: Ein "Manifest zur Entfaltung weiblicher Perspektiven und Potenziale" — als Futter für die KI.
Ich kann es kaum erwarten, im nächsten Post mehr darüber zu erzählen.
Haltet euch bereit, denn ich brauche euch Frauen und Solopreneurinnen da draußen für die geplanten Revolutionen. Die Welt verändern wir nämlich nur gemeinsam!
xx Jeanette